Mehr und besser ausgebildete Lehrkräfte für MV
Kabinett beschließt Entwurf für neues Lehrkräftebildungsgesetz
Das Kabinett hat heute (3. September) die Grundlage geschaffen, um künftig mehr und besser ausgebildete Lehrkräfte für Mecklenburg-Vorpommern zu gewinnen. In erster Lesung stand die Reform des Lehramtsstudiums im Rahmen einer Neufassung des Lehrkräftebildungsgesetzes auf der Tagesordnung.
Im Anschluss an das Kabinett präsentierte Wissenschaftsministerin Bettina Martin das Vorhaben in der Landespressekonferenz.
„Wir brauchen dringend mehr gut ausgebildete Lehrkräfte für unsere Schulen. Bundesweit ist der Mangel an Lehrkräften ein zunehmendes Problem, dem wir mit der Reform begegnen wollen. Das Gesetz wird die Studienbedingungen für zukünftige Lehrerinnen und Lehrer entscheidend verbessern. Wir können es uns nicht mehr leisten, dass bis zu 70 Prozent der Studierenden, die gern Lehrer oder Lehrerin werden möchten, im Laufe ihres Studiums abbrechen oder in ein anderes Fach wechseln.
Unser Ziel ist es, das Lehramtsstudium attraktiver für Studierende zu machen, mehr Flexibilität, mehr Möglichkeiten für den Einstieg in den Lehrberuf zu bieten und neue Zielgruppen zu erschließen. So wollen wir nicht nur die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger erhöhen, sondern auch die Zahl derjenigen, die ihr Studium erfolgreich zu Ende bringen. Und das auch in kürzerer Zeit.“, so Wissenschaftsministerin Bettina Martin: „Außerdem wollen wir die Qualität der Lehre verbessern und an die Bedürfnisse moderner Schule anpassen. Dazu erhält der Praxisanteil stärkeres Gewicht und wird besser begleitet. Die Vermittlung des Handwerkszeugs für Lehrkräfte, also die pädagogischen und didaktischen Kompetenzen, erhalten mehr Bedeutung im Studium. Dafür wird der in Mecklenburg-Vorpommern bundesweit überdurchschnittlich hohe Anteil an Fachwissenschaft im Studium dem Bundesschnitt angeglichen. Wir wollen in diesen Studiengängen schließlich Lehrerinnen und Lehrer ausbilden und keine Professorinnen und Professoren. Ganz Deutschland diskutiert aktuell über die notwendigen Veränderungen im Lehramtsstudium, die Kultusministerkonferenz hat bereits weitreichende Beschlüsse dazu gefasst. Wir setzen uns mit dieser Reform mit an die Spitze der notwendigen Reformen und machen das Lehramtsstudium in MV damit bundesweit attraktiv und wettbewerbsfähig.“
Lehrkräftemangel begegnen
Bis 2030 fehlen dem Land Mecklenburg-Vorpommern ca. 2.600 Lehrkräfte und auch für die Jahre danach ist ein Mangel an Lehrkräften prognostiziert.
Das gilt in hohem Maße vor allem für die Regionalen Schulen und die beruflichen Schulen.
Die Schwundquoten im Lehramtsstudium sind aktuell außerdem viel zu hoch: Bis zu 70% der Lehramtsstudierenden brechen ihr Studium ab oder wechseln in ein anderes Fach.
Zusätzlich geht die Zahl der Erstsemester im Bereich Lehramt deutschlandweit und auch in Mecklenburg-Vorpommern dramatisch zurück. Dies betrifft zunehmend ebenfalls das Gymnasiallehramt.
Für die Landesregierung ist diese Entwicklung nicht hinnehmbar. Deshalb muss das Lehramtsstudium grundlegend reformiert werden.
Bereits 2020 wurden mit einer ersten Reform der Lehrkräftebildung erfolgreich Maßnahmen zur Verbesserung des Studiums ergriffen, wie eine Ausweitung der Studienplatzkapazitäten für das Grundschul- und das Berufsschullehramt. Im Bereich Grundschule führte dies zu einer deutlichen Stabilisierung der Anfängerzahlen im Bundesvergleich. Gleichzeitig wurden die Studienberatung und die Betreuung in der Studieneingangsphase intensiviert.
Mehr Flexibilität beim Start ins Studium
Schon vor Aufnahme ihres Studiums, im Alter von 18 oder 19 Jahren, standen angehende Lehrkräfte für die Klassen 5 bis 12/13 bislang vor der Entscheidung, ob sie für das Lehramt an Gymnasien oder an Regionalen Schulen studieren wollen.
Die Entscheidung kann künftig später getroffen werden, denn die Einführung von gemeinsamen Studiengängen für das Lehramt an Gymnasien, Regionalen Schulen und Gesamtschulen für die Klassen 5 bis12 ermöglicht eine Qualifikation für all diese Schulformen.
Erfahrungen beispielsweise aus Hamburg zeigen, dass sich dieses Modell positiv auf die Zahl der Einschreibungen an den Hochschulen auswirkt. Die Lehrämter für Grundschulen und berufliche Schulen bleiben weiterhin bestehen.
Mehr Qualität durch mehr pädagogische Kompetenzvermittlung
Für alle Studiengänge gilt, dass zukünftig das pädagogische und didaktische Handwerkszeug, also die Techniken der Wissensvermittlung, eine größere Gewichtung erhält.
Im Gegenzug wird die Seminar- und Prüfungslast der Studierenden im Bereich der Fachwissenschaften reduziert, wo sie bislang oft ähnliche Voraussetzungen erfüllen mussten, die für Studierende im ausschließlich fachwissenschaftlichen Bereich gelten. Das betrifft besonders die MINT-Fächer.
Das Lehramtsstudium in MV hat bislang einen im Bundesvergleich sehr hohen Fachwissenschaftsanteil. Im Ergebnis wird die Qualität des Unterrichts an den Schulen durch diese Maßnahmen steigen, weil mehr Gewicht auf die Wissensvermittlung gelegt wird.
Natürlich sind diese Anpassungen konform mit den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz der Länder und damit bleibt der Lehramtsabschluss in MV auch weiterhin bundesweit anerkannt.
Bessere Praxiserfahrung im Studium
Lehramtsstudierende sollen zukünftig früher die Möglichkeit haben, praktische Erfahrungen direkt in den Schulen zu sammeln.
Dazu sollen den Studierenden Lehrende der Hochschulen und qualifizierte Lehrkräfte als Mentorinnen und Mentoren an die Seite gestellt werden.
Dies soll, wie auch im Falle der 2020 in Greifswald eingeführten Grundschulpädagogik unter Einbindung des Institut für Qualitätsentwicklung (IQ M-V) bzw. dem Kompetenzzentrum für berufliche Schulen (KBS) sowie der Lernplattform „itslearning“ geschehen.
Aber auch in der Frühphase des Studiums soll die Begleitung durch Mentorinnen und Mentoren verbessert und so der Einstieg erleichtert werden.
Quereinstieg ins Studium erleichtern
Um den Bedarf an qualifizierten Lehrkräften besser zu decken, sollen zusätzliche Zielgruppen durch neue Quereinstiegs-Masterstudiengänge in den MINT-Fächern und ästhetischen Fächern sowie in der beruflichen Bildung geschaffen werden. Wer bereits einen nicht-lehramtsbezogenen Bachelor in den entsprechenden Fächern besitzt, soll im Masterstudiengang dann vor allem die notwendigen didaktischen und pädagogischen Kompetenzen für einen Einsatz als vollwertige Lehrkraft vermittelt bekommen. Mit dem Master ist man dann als Quereinsteiger für den regulären Vorbereitungsdienst qualifiziert.
Damit setzt MV einen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom März 2024 zeitnah um.
Neue Wege zum Lehrberuf an beruflichen Schulen
Die Hürden auf dem Weg zum Lehrkraftberuf an beruflichen Schulen sind derzeit höher, als es dem Bedarf nach Lehrkräften gut tut. Gerade für bereits beruflich einschlägig qualifizierte Menschen soll es einfacher werden, den Quereinstieg als Berufsschullehrkraft zu schaffen.
Die Zugangswege für beruflich Qualifizierte zu einem Masterstudium für das Lehramt an beruflichen Schulen werden deshalb erweitert. Zur Zugangsprüfung soll zukünftig zugelassen werden können, wer eine Berufsausbildung und eine in der Regel dreijährige, statt wie bisher fünfjährige berufliche Praxis nachweist. Zudem wird die Option eröffnet, die Zugangsprüfung durch ein nachweislich erfolgreich absolviertes Probestudium von maximal einem Jahr zu ersetzen.
Sonderpädagogik als Hauptfach
Inklusion und Sonderpädagogik werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Schulalltag spielen und sind von hoher Relevanz für die Gleichbehandlung in unserer Gesellschaft.
Die Studierenden sollen zukünftig für das Lehramt an Grundschulen anstelle des dritten Lernbereiches und für das Lehramt an beruflichen Schulen anstelle des zweiten Faches eine sonderpädagogische Spezialisierung als Studienfach wählen können.
So erhalten die Schulen Fachkräfte, die besonders für diese Aufgaben qualifiziert sind und als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren dieses Wissens an ihren Schulen wirken können.
Musik als Doppelfach
Für das Fach Musik an Gymnasien, Regionalen Schulen und Gesamtschulen soll es künftig möglich sein, dieses Fach mit der zugehörigen Fachdidaktik als Doppelfach, also im Umfang von zwei Fächern, zu studieren. Ausbildungsort wird die Hochschule für Musik und Theater Rostock (hmt) sein.
Diese Möglichkeit hat die Ländergemeinschaft in der Kultusministerkonferenz mit ihrem Beschluss „Ausbildung von Kunst- und Musiklehrkräften“ eröffnet, um dem Mangel an Lehrkräften in diesen Fächern begegnen zu können. Das Modell gibt es bereits in anderen norddeutschen und ostdeutschen Bundesländern. Auch MV folgt diesem bundesweiten Trend, um weiterhin attraktiv für Studierende zu bleiben.
Zusätzliche Studienplätze
Um dem Mangel an Lehrkräften gerade im MINT-Bereich zu begegnen, soll auch die Zahl der Studienplätze erhöht werden. Dafür werden die Fächer Biologie (50 Plätze pro Jahr) und Informatik (25 Plätze pro Jahr) für das Lehramt an Gymnasien, Regionalen Schulen und Gesamtschulen an der Universität Greifswald neu eingerichtet.
Ähnlich wie beim Lehramt an Grundschulen an der Universität Greifswald soll damit ein „Klebeeffekt“ für den östlichen Landesteil erzeugt werden.
Erprobungsklausel für das Duale Studium
Darüber hinaus soll es als Modellversuch die Möglichkeit eines dualen Studiengangmodells für besondere Bedarfsbereiche geben. Studium und Referendariat müssen dabei nicht nacheinander stattfinden. Sie können auch direkt miteinander verbunden werden. Auch hier setzt die Landesregierung den aktuellen Beschluss der Kultusministerkonferenz zur Gewinnung zusätzlicher Lehrkräfte und zur strukturellen Ergänzung der Lehrkräftebildung vom März 2024 um.
Die Landesregierung stellt für die Umsetzung der Reform insgesamt 25 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung.
Informationen zu den Zielen und Inhalten der Lehrkräftebildungsreform finden Sie auch auf der Themenseite des Wissenschaftsministeriums:
https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/wkm/Wissenschaft/Studium/Reform-der-Lehrkraeftebildung/