Schwesig: Wir müssen wieder stärker zusammenfinden

Nr.233/2024  | 03.10.2024  | MPin  | Ministerpräsidentin

„Es ist ein großes Glück, dass wir seit 34 Jahren in einem vereinten Land in Frieden, Freiheit und Demokratie leben. Das ist alles andere als selbstverständlich. Wir haben allen Grund, mit Stolz und Dankbarkeit unseren Nationalfeiertag gemeinsam zu feiern“, erklärte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig heute beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit im Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin. Mecklenburg-Vorpommern hat aktuell die Bundesratspräsidentschaft inne. Damit ist die Ausrichtung des Tages der Deutschen Einheit verbunden.

Schwesig dankte zu Beginn ihrer Rede allen, die 1989 in der DDR für Freiheit und Demokratie eingetreten sind: „Als im Westen kaum jemand an Veränderung im Osten glaubte, haben die Menschen in der DDR Freiheit und Demokratie gefordert. Sie haben mit ihrer friedlichen Revolution die Diktatur und die innerdeutsche Grenze zu Fall gebracht.“

Mecklenburg-Vorpommern und die anderen ostdeutschen Bundesländer hätten sich seit 1990 insgesamt gut entwickelt. „Erfolgreiche Unternehmen sind entstanden. Die Arbeitslosigkeit ist deutlich zurückgegangen. Die Abwanderung aus dem Osten ist gestoppt. Mecklenburg-Vorpommern hat aktuell das höchste Wirtschaftswachstum in Deutschland“, sagte Schwesig. „Wir haben seit der Vereinigung Deutschlands gemeinsam eine Menge geleistet und erreicht. Darauf können wir in Ost und West gemeinsam stolz sein.“

Die Ostdeutschen könnten selbstbewusst auf das Erreichte schauen. „Wir haben in die Deutsche Einheit viel mehr eingebracht als Rotkäppchen-Sekt und das Ampelmännchen. Ich bin mir sicher: Ohne den Osten mit seinem guten Kita-Angebot und ohne das Selbstbewusstsein der ostdeutschen Frauen gäbe es in ganz Deutschland noch immer keinen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Der Osten kann mit seinen Erfahrungen und Lösungen ganz Deutschland bereichern“, betonte die Bundesratspräsidentin.

Gleichzeitig gebe es 34 Jahre nach der Deutschen Einheit noch immer Ungerechtigkeiten, mit denen man sich nicht abfinden dürfe. „Die unterschiedlichen Löhne. Das geringere Vermögen. Weniger große Unternehmen“, nannte Schwesig als Beispiele. „Wir sind auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen weit vorangekommen. Aber wir haben unser Ziel noch nicht erreicht.“

Andere Unterschiede resultierten aus unterschiedlichen Lebenserfahrungen. „Erfahrungen aus dem Leben in einer Diktatur bis 1989, aber auch Erfahrungen mit Umbrüchen, Unsicherheit, Arbeitslosigkeit und Abwertung nach 1989“, so die Ministerpräsidentin. „Es ist angesichts dieser Erfahrungen nachvollziehbar, dass die Sorge, das Erreichte könne wieder verloren gehen, in Ostdeutschland ausgeprägter ist.“

Über diese Unterschiede sei in der Vergangenheit zu oft hinweggegangen worden. „Das muss sich ändern. Wir müssen einander ernst nehmen, einander auf Augenhöhe begegnen. Und wir dürfen nicht nur dann nach Ostdeutschland schauen, wenn es Probleme gibt. Der Osten muss stärker wahrnehmbar sein. In Debatten genauso wie in Führungspositionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“, forderte die Ministerpräsidentin.

Deutschland stehe aktuell vor großen Herausforderungen wie dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit seinen Folgen, der Migration, dem wirtschaftlichen Strukturwandel und dem Klimaschutz. „Ich bin davon überzeugt: Wir müssen diese Herausforderungen gemeinsam anpacken. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass Politik nicht vom Dauerstreit, sondern vom gemeinsamen Bemühen um die beste Lösung geprägt ist“, erklärte Schwesig.

„Die harte Polarisierung, die wir in der politischen und gesellschaftlichen Debatte, auf den Straßen, im Netz bis hin zu Diskussionen am Abendbrottisch erleben, tut unserem Land nicht gut. Wir müssen wieder stärker zusammenfinden. Und wir sollten nicht auf die hören, die am lautesten sind. Sondern auf diejenigen, die sich tagtäglich für unsere Gesellschaft einsetzen – wie es die vielen Frauen und Männer aus den Bürgerdelegationen aus den 16 Ländern täglich im Ehrenamt tun“, sagte die Ministerpräsidentin weiter.

Mecklenburg-Vorpommern habe seine Bundesratspräsidentschaft und den Tag der Deutschen Einheit unter das Motto „Vereint Segel setzen“ gestellt. Bei uns im Norden sagt man: Egal, wie der Wind weht; wir müssen die Segel richtig setzen. Miteinander, nicht gegeneinander. Dabei ist unsere wichtigste Aufgabe, gemeinsam dafür zu sorgen, dass auch kommende Generationen in Frieden, Freiheit und Demokratie leben können. Lassen Sie uns vereint Segel setzen. Für ein geeintes Deutschland. Für die Menschen. Für eine gute Zukunft unseres Landes“, appellierte die Bundesratspräsidentin zum Abschluss ihrer Rede.